Die Zukunft der Friedenslinde – Wie es weitergeht mit rurreal am
Plätzel erklärt Patricia Bonaudo (PB) im Interview mit Citymanagerin
Jennifer Tschirner (JT)
JT: Für alle, die nicht dabei waren und keine Lust haben das ganze Interview zu lesen:
PB: Einfach am Plätzel den QR – Code scannen oder direkt auf www.kandel.de/linde gehen und das in Ruhe nachlesen, was interessiert.
JT:
Super und könntest Du für alle, die die Veranstaltung zur Zukunft der
Friedenslinde am Plätzel nicht besucht haben, aber das Interview lesen
wollen, kurz zusammenfassen was bei der Veranstaltung passiert ist?
PB:
Der Abend war ja ein Auftakt in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist das
Projekt „rurreal“ gestartet und zum anderen wollten wir einen Impuls
setzen, uns mit der Zukunft der Linde am Plätzel auseinanderzusetzen.
Der
Abend startete mit einem Ausflug in die Vergangenheit. Herr Dr. Esser
hat alle auf die spannende Reise der bewegten Vergangenheit der Linde
und des Plätzels mitgenommen. Mit der Veranstaltung erstrahlte das
Plätzel dann durch eine Licht- und Videoinstallation. Mit einem Visual
beleuchtet wurde beispielsweise die Fassade des Gebäudes, in dem ehemals
der Kindergarten untergebraucht war. Um einen Anschub für den
Lindendfond beizusteuern, nahmen die Besucherinnen und Besucher
Tonabdrücke der Rinde, die versteigert werden sollen. Danach luden
Glühwein, Punsch, Zimtwaffeln und Schmalzbrote zum Verweilen und
Austauschen ein.
JT: Warum habt Ihr Euch der Linde und dem Plätzel angenommen?
PB:
Das Herz von Kandel, das Plätzel, schlägt langsam. Das einstige Zentrum
ist heute eher ein Durchgangsort, zum Verweilen lädt im Alltag wenig
ein, denn auch das vormals imposante Wahrzeichen, die Friedenslinde,
schwächelt. In absehbarer Zeit, werden also Ideen und Tatkraft
gebraucht, für einen Ersatz der Linde, die sowohl die Symbolkraft als
auch die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger aufnimmt. Denn einen
solchen Baum, den kann man nicht einfach ersetzen.
JT: Wie funktioniert der Lindenfond genau?
PB:
Der Fond soll dazu dienen Geld und Ideen zur Neu-Gestaltung des
Plätzels zu sammeln. Wir planen die Lindenabdrücke so bald wie möglich
zu versteigern und den Erlös in den Fond zu geben. Eigentlich sollte das
im Dezember während des Weihnachtsmarktes stattfinden, da dieser
abgesagt wurde, versuchen wir gerade andere Möglichkeiten zu finden.
Außerdem gibt es den Ideen-Fonds als virtuelles schwarzes Brett oder als
Briefkasten am historischen Rathauses, wo alle Kandlerinnen und Kandler
ihre Ideen und Wünsche für das Plätzel und die Linde eintragen können.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es viele spannende Ideen, wichtige
Anliegen und ein großes Wissen darüber gibt, was dem Plätzel guttun
würde. Wir erhoffen uns außerdem, dass der Lindenfond vielleicht zur
Einrichtung eines Netzwerks, wie einem Unterstützerkreis, führt.
JT: Das Interesse an der Auftaktveranstaltung war groß, wie soll es jetzt weitergehen?
PB:
Stimmt, wir waren völlig überwältigt von den zahlreichen Besucherinnen
und Besuchern. Damit haben wir nicht gerechnet. Der Ton für die Abdrücke
war darum binnen weniger Minuten aufgebraucht. Wir werden also als
ersten Schritt nochmal die Möglichkeit bieten Tonabdrücke zu nehmen.
Vermutlich im neuen Jahr, wenn sich die Lage etwas beruhigt hat und die
vierte Welle gebrochen werden konnte. Aber darüber hinaus planen wir
immer wieder kleinere Workshops und Veranstaltungen zum gemeinsamen
Austausch und zur Inspiration.
JT: Erkläre zum Abschluss doch noch die Veranstaltungsreihe „rurreal“ im Allgemeinen
PB:
Die Veranstaltungsreihe „rurreal“ ist eine Initiative der Kandler
Künstlergruppe bestehend aus Julia Barthruff, Daniel Bonaudo-Ewinger,
Benjamin Burkard und mir in Kooperation mit der Stadt Kandel.
Wir möchten uns mit künstlerischen Aktionen den öffentlichen Orten in Kandel annehmen.
Wir
planen derzeit zwei Veranstaltungen pro Jahr an unterschiedlichen
Orten. Unser Ziel ist es, dazu beizutragen, dass diese wichtigen Orte
wieder etwas belebt werden, denn das ist sehr wichtig für eine Stadt zur
Erhaltung der Lebensqualität und zur Steigerung der Attraktivität. In
Anbetracht der Wohnraumknappheit klingt das vielleicht erstmal komisch,
aber wenn man daran denkt, wie wichtig der Zusammenhalt in Kandel in den
letzten Jahren war, dann versteht man das vielleicht besser. Wie sonst
hätte sich eine Kleinstadt so sehr zur Wehr setzen können gegen das
Frauenbündnis. Eine starke Gemeinschaft und Orte, wo wir diese pflegen
können, verbessern die Lebensqualität jedes einzelnen Bewohners.
JT: Warum macht ihr das mit Kunst, das geht doch bestimmt auch anders?
PB:
Ja, natürlich. Es gibt viele Möglichkeiten und Kunst oder Kultur kommt
dem ein oder anderen vielleicht etwas unnütz vor, angesichts der
Herausforderungen, denen wir uns alle gerade gegenübersehen. Aber Kunst
hat einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie bringt zusammen, was nicht
automatisch zusammenfindet.
Kunst schlägt Brücken, lässt Kompromisse
zu und erzeugt neue Impulse, weil sie ganz unterschiedliche Menschen
anspricht. Und im öffentlichen Raum macht das sehr viel Sinn, denn der
soll ja von möglichst vielen Menschen genutzt werden.
Künstlerische
Praxis bebildert oder verschönert den öffentlichen Raum außerdem nicht
nur, über Kunst entstehen öffentliche Räume der Diskussion, in denen der
Öffentlichkeitsdiskurs selbst mitbestimmt bzw. erzeugt wird.
Öffentlicher Raum wird in den künstlerischen Praktiken als ein Ort
verstanden, der sich erst in dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher
Menschen, Praktiken und Meinungen herstellt. Damit ist sie offener und
zugänglicher als sehr viele andere planerischen Methoden, die meist die
immergleichen Personengruppen ansprechen.